Neues Gebäudeenergiegesetz GEG 2023
Zukunft Energieeffizientes Bauen, Teil 1
Völlig überraschend soll ab dem 1.1.2023 eine neue Fassung des GEG in Kraft treten, dessen verschärfte Anforderungen vor allem den Neubau betreffen. Erfahren Sie die geplanten Änderungen, was diese speziell für den Holzbau bedeuten und wie Sie diese mit Hinblick auf den ab 2025 geltenden Mindeststandard Effizienzhaus 40 mit GUTEX Holzfaserdämmstoffen erfüllen können - ergänzend zu einer Gebäudetechnik, die verstärkt erneuerbare Energien nutzen muss.
1. Überraschung! – Warum schon jetzt eine Neufassung des GEG?
Die Baubranche wurde mit dem Referentenentwurf vom 29. April 2022 völlig überrascht! Denn in § 9 der gültigen Fassung des GEG 2020 ist ausdrücklich festgehalten, dass die Anforderungen und Pflichten des Gesetzes erst 2023 auf den Prüfstand hätten kommen sollen. Nach Maßgabe der Überprüfungsergebnisse sollte dann innerhalb von sechs Monaten ein Gesetzgebungsvorschlag für eine Weiterentwicklung der Anforderungen vorgelegt werden.
Das Gebäudeenergiegesetz wurde erstmals zum 1. Januar 2020 in Kraft gesetzt. Es führte das Energieeinspargesetz, die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammen.
Die Regierung hat jedoch angesichts des bei der Erfüllung der Klimaschutzziele hinterherhinkenden Gebäudesektors entschieden, den Prozess zu beschleunigen:
- Das GEG 2023 wird ab 1. Januar 2023 mit verschärften Anforderungen in Kraft treten.
- Ab 1. Januar 2025 soll das GEG 2023 durch die dritte Fassung, das GEG 2025, mit nochmals verschärften Anforderungen abgelöst werden.
2. Intentionen des neuen GEG 2023
Im Wesentlichen betrifft das neue GEG 2023 nur den Neubau!
Das aktuell gültige Gebäudeenergiegesetz 2020 gibt das Effizienzhaus-75 als Standard vor. Mit den Neuregellungen im GEG 2023 wird der Neubau-Standard auf Effizienzhaus-55-Niveau erhöht. Es ist bereits beschlossene Sache, dass mit dem GEG 2025 das Effizienzhaus 40 (EH 40) Standard im Neubau werden soll. Das Gesetz berücksichtigt damit die Baupraxis, in der das EH 55 inzwischen zur allgemein üblichen Gebäudeausführung geworden ist. Dies ist ein wichtiger Schritt, um das im Klimaschutzgesetz festgeschriebene Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 in Deutschland zu erreichen.
Zugleich wird im GEG 2023 die Voraussetzung geschaffen, Förderprogramme künftig an noch anspruchsvolleren Standards auszurichten. Mit Einführung des EH-40-Standards 2025 wird die bisherige Anforderungssystematik umgestellt auf eine Systematik, die insbesondere auch die eingesparte Tonne CO2 berücksichtigt.
Wichtig: Der Gebäudebestand soll erst mit dem GEG 2025 eine erhebliche Verschärfung der Anforderungen erfahren!
3. Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick
- Der zulässige Primärenergiebedarf der zu errichtenden Wohn- und Nichtwohngebäude wird von bisher
75 % des Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes auf 55 % reduziert. - Das in Anlage 5 des GEG geregelte vereinfachte Nachweisverfahren für Wohngebäude wird im Sinne der Vereinfachung vollständig umgebaut:
- Der Nachweis erfolgt über Einhaltung über Bauteilanforderungen (max. U-Wert) in Verbindung mit…
- … Nachweis über Bestätigung zulässiger Anlagenkonzepte
- Der Wärmebrückennachweis über Musterlösung nach DIN 4108 Beiblatt 2 ist nicht mehr zulässig
- Darüber hinaus werden folgende Änderungen vorgenommen:
- Für Strom zum Betrieb von wärmenetzgebundenen Großwärmepumpen wird der Primärenergiefaktor für den nicht erneuerbaren Anteil von 1,2 eingeführt (statt 1,8).
Damit soll eine bestehende systematische Benachteiligung von Fernwärme aus Großwärmepumpen gegenüber Fernwärme aus KWK-Anlagen oder Wärmeerzeugern mit fossilen Energien behoben werden. - Die Anrechnung von Strom aus erneuerbaren Energien auf den Jahres-Primärenergiebedarf wird deutlich vereinfacht und kann zuküftig frei von einschränkenden Bedingungen erfolgen.
Grund: Die Berechnungen von Strom aus erneuerbaren Energien können bei mehrgeschossigen Gebäuden zu widersprüchlichen Ergebnissen führen, bei denen der so anrechenbare PV-Ertrag über der des von der PV-Anlage erzeugbaren Stroms liegen kann. Außerdem will der Gesetzgeber den Ausbau der Photovoltaik gezielt forcieren
- Für Strom zum Betrieb von wärmenetzgebundenen Großwärmepumpen wird der Primärenergiefaktor für den nicht erneuerbaren Anteil von 1,2 eingeführt (statt 1,8).
- In Zusammenhang mit der künftigen Einführung des EH-40-Standards wird die bisherige Anforderungssystematik umgestellt auf eine Systematik, die insbesondere auch die eingesparte Tonne CO2 berücksichtigt. Die Vorgaben zur Fördermittelvergabe werden entsprechend angepasst
(§ 91 Verhältnis zu den Anforderungen an ein Gebäude).
In der Begründung zum Gesetzesentwurf werden drei wichtige Anforderungen benannt bzw. angekündigt, die sich im vorliegenden Referentenentwurf (noch) nicht niedergeschlagen haben:
- Solardachpflicht
- Einführung der Vorgabe für 65 % erneuerbare Wärme bei neuen Heizungen (Konzeptpapier der bundesregierung liegt seit 14. Juli 2022 vor)
- „Die bisherige Dämmanforderung (HT‘) soll dann durch eine andere, weiter gefasste Effizienzgröße ersetzt und auf dem jetzt einzuführenden Anforderungsniveau fortgeschrieben werden.“
4. Detaillierte Übersicht der Streichungen und Ergänzungen
Da sich die Tragweite einer Änderung erst vollständig erschließt, wenn man die Änderungen ggü. dem alten Gesetzestextes vor Augen hat, finden Sie im Anhang eine synoptische Übersicht mit den tatsächlichen Streichungen und Ergänzungen.
5. Bedeutung des GEG 2025 für den Holzbau
Das EH-40-Niveau wird zum neuen Standard werden, da er die aktuelle Mindestanforderung zur Förderfähigkeit darstellt. Viele Holzbauer setzen bereits heute das EH 40 als Standardausführung um. Bei den Betrieben, die bis dato das EH 55 als Standard umsetzen, reichen überschaubare Erhöhungen der Dämmstoffdicken zur Verbesserung der U-Werte der Hüllen-Bauteile und eine Optimierung der technischen Gebäudeausrüstung vor allem in Richtung Wärmepumpen und Solardach (Photovoltaik und/oder Solarthermie), um die erhöhten Anforderungen eines EH-40-Standards zu genügen.
Nachfolgend wird am Beispiel einer Außenwand mit WDVS erläutert, wie sich der Sprung von EH 55 auf EH 40 in den Dämmstoffdicken realistisch widerspiegeln kann. Das Beispiel basiert auf folgenden praxisüblichen Auslegungen:
- Typischer U-Wert
Außenwand EH 55: 0,19 W/m²K - Typischer U-Wert
Außenwand EH 40: 0,14 W/m²K
Aus der GUTEX-Konstruktionstabelle ergeben sich mit Blick auf die Dämmstoffschichten u. a. folgende geeignete konstruktive Ausführungen:
- Außenwand EH 55: 0,19 W/m²K
80 mm Thermowall + 140 mm Ständerwerk - Außenwand EH 40: 0,14 W/m²K
80 mm Thermowall + 220 mm Ständerwerk
100 mm Thermowall + 200 mm Ständerwerk
Die o. g. Ausführungsbeispiele zeigen bezogen auf die Außenwand, dass die Gesamtdämmstoffdicke um ca. 8 cm zunehmen wird. Vergleichbare Erhöhungen der Dämmstoffdicken sind für die anderen Außenhüllbauteile zu erwarten.
Es bleibt den Hausherstellern natürlich unbenommen, einen größeren oder kleineren Teil der Verschärfungen über die technische Gebäudeausrüstung auszugleichen. Nicht wenige Experten sehen in den neuen Verschärfungen bereits heute die indirekte Einführung der zukünftig angedachten Solardachpflicht.
6. Fazit und Bewertung
Wie bereits unter Ziffer 4 ausgeführt, sollte der Holztafel-/Holzrahmenbau mit den vorgesehenen Verschärfungen keine nennenswerten Probleme haben. Sehr viel schwieriger wird es allerdings für alle monolithische Bauweisen, die bis dato ohne oder in nur begrenztem Maße Ertüchtigungen mit Dämmstoffen vorsehen. Das betrifft z. B. die Holzblockbauweise ebenso wie die gängigen Mauerwerksbauweisen. Hier wird im Einzelfall die Frage sein, wie die erhöhten Anforderungen an den Primärenergiebedarf durch entsprechende anlagentechnische Maßnahmen eingehalten werden können.
Kritisch zu betrachten und sicher Streitpunkte der nächsten Revision des GEG ist und bleibt das vereinfachte Nachweisverfahren mit Blick auf das in Bezug genommene Referenz-Heizsystem. Anlage 1 (zu § 15 Absatz 1) enthält als Technische Ausführung des Referenzgebäudes als Heizungsanlage immer noch einen Gas-Brennwertkessel. In Abstimmung mit der HLK-Branche sollte zukünftig ein zeitgemäßes Anlagenkonzept auf Basis einer Wärmepumpe unter Anpassung sämtlicher erforderlicher Rahmenbedingungen eingesetzt werden.
7. Ausblick
Ab 1. Januar 2023 treten die Neuregelungen offiziell in Kraft.
Mit Blick auf den hohen Bedarf an Neubauwohnungen und Altbausanierungen stellt sich die kritische Frage, ob die mit den Verschärfungen einhergehende Erhöhung der Baukosten nicht insofern kontraproduktiv ist, als bauwillige Kunden vom Bauen abgehalten werden. Angesichts der deutlich steigenden Lebenshaltungskosten und Bauzinsen könnte die Verteuerung des Bauens zu einem entscheidenden Hindernis werden.
Hier kommt der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) eine entscheidende Steuerungsfunktion zu: Stehen genügend Fördermittel zur Verfügung, um den anstehenden Fördermittelbedarf zu decken? Und werden diese Fördermittel mit Blick auf das Anforderungsniveau angemessen niederschwellig vergeben? Hier sind große Zweifel angebracht.
Aber dazu mehr in einer weiteren Ausgabe GUTEX Impuls: „Fördersystematik in der neuen Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude (BEG) – Zukunft Energieeffizientes Bauen, Teil 2“.
Infos zu Förderung & GUTEX Förderfinder
Detaillierte Informationen zur aktuellen staatlichen Förderung von Wärmedämmung im Neubau und bei der Sanierung finden Sie hier GUTEX Förderfinder.